Im Urlaubsland Nr. 1 bangen touristische Perlen um ihre Existenz
Mutter, Vater, Kind – und 46 freie Betten. So wird Bettina Buschow mit Mann und Sohn dieses Jahr Ostern in ihrem Gutshaus in Lexow verbringen. Eigentlich waren alle Zimmer ausgebucht – aber wegen Corona ist der Tourismus im ganzen Land lahm gelegt.
Im kleinen Ort Lexow bei Malchow in der Mecklenburgischen Seenplatte geht es ruhig und beschaulich zu. Das ist eigentlich immer so, aber in diesen Tagen ist es noch ruhiger als sonst. „Wir wären eigentlich jetzt schon zu 60 Prozent belegt, zu Ostern ausgebucht“, erzählt Bettina Buschow. Eigentlich! Denn seit im ganzen Land ein Tourismusstopp verhängt wurde, sind keine Gäste mehr da. „Erst dachten wir, das wäre ein Witz. Das würde schon irgendwie so klappen. Aber dann mussten wir zwei Tage später alle unsere Mitarbeiter nach Hause schicken.“ Die befinden sich nun in Kurzarbeit. „Als Teilzeitkräfte bleiben ihnen bei 67 Prozent vom Nettolohn nicht viel übrig“, bedauert Bettina Buschow.
Fünf Festangestellte beschäftigen sie und ihr Mann – das ganze Jahr über, trotz Saisonbetrieb, „weil wir so gute Mitarbeiter bei uns halten wollen“. Die Löhne werden während der Hauptsaison erwirtschaftet – auch über Ostern. Das fällt nun flach. „Das ist besonders deshalb so brenzlig, weil wir erst aus dem Winter kommen und praktisch alle Reserven darüber aufgebraucht sind“, sagt Bettina Buschow. Einige Betriebe werde es das Genick brechen.
Positionspapier zum existenziellen Schaden
Gemeinsam mit Manfred Achtenhagen, Vorsitzender des Vereins der Schlösser, Guts- und Herrenhäuser Mecklenburg-Vorpommern e.V. und Inhaber des Gutshaus Ludorf an der Müritz, haben Bettina Buschow und ihr Mann Patrick Oldendorf deshalb ein Positionspapier zum existentiellen Schaden für Betreiber touristisch genutzter Schlösser- und Gutsanlagen in Mecklenburg-Vorpommern durch die Corona-Krise auf den Weg gebracht. „Unser wichtigstes Ziel ist die Aufhebung der Tourismussperre zum frühsten vertretbaren Zeitpunkt, aber auch eine Diskussion über Entschädigungen und schnelle finanzielle Hilfen.“ 350 touristisch genutzte Gutshäuser gibt es in Mecklenburg, knapp 50 im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte. Vor allem Häuser mit mehreren Angestellten trifft es jetzt besonders hart.
Zwar bekommen die Unternehmer das Kurzarbeitergeld erstattet. Wann das passiert, weiß niemand. „Wir müssen das erstmal komplett vorstrecken. Aber wovon?“ Hinzu komme, dass bereits geleistete Anzahlungen der Gäste jetzt zurückerstattet werden müssen – obwohl das Geld zum Teil bereits in die Wintergehälter geflossen ist. „Einige Gäste lassen sich auf Gutscheine ein, das entlastet die Situation ein wenig.“ Aber auch die finanziellen Verbindlichkeiten, Kredite, Vorauszahlungen für Strom – alles läuft weiter. Lange können sie diesen Zustand nicht durchhalten, sagt Buschow.

Maßnahmen regional abwägen
Deshalb hoffe sie durch das Positionspapier auf die brisante Lage aufmerksam zu machen. Man dürfe die Häuser im ländlichen Raum nicht in einen Topf werfen mit dem Massentourismus an der Küste, sagt Bettina Buschow. „Wir sind das Gegenteil. 6000 Quadratmeter Garten gehören zum Gutshaus. Unsere Ferienwohnungen sind groß. Wir können uns der Situation anpassen, indem wir Kontakte der Gäste untereinander vermeiden, auf Buffetsituationen verzichten und entsprechende Hygienemaßnahmen einhalten. Aber wir müssen nur endlich wieder öffnen dürfen.“
Natürlich verstehe sie die Maßnahmen. Nur müsse genau abgewogen werden, was sinnvoll ist. „Es wäre sehr schade, wenn dadurch wertvolles Kulturgut zerstört wird, welches mit viel Liebe und Energie über Jahre gerettet und wieder aufgebaut worden ist.“
Trotz allem verliert Bettina Buschow nicht den Mut: „Jedes Problem hält auch immer ein Geschenk in den Händen. Davon bin ich überzeugt. Wir müssen es nur noch finden.“
Von Manuela Heberer